![unsplash/Markus Spiske](/img/eb/1f/ccaaf7439befacf2f93e/-markus-spiske-1b_EvtZy_is-unsplash_1_.jpg)
Die in der Turmkugel 2019 anlässlich der Sanierung des Kirchturms vorgefundenen Originaldokumente aus den Jahren 1823, 1844, 1890, 1898, 1925 und 1962 geben ein lebendiges Zeugnis von der Geschichte unserer Pfarrkirche und vom Leben der Pfarrgemeinde.
Die Erbauung der Pfarrkirche St. Georg Satteins hat eine längere Vorgeschichte. An die Vorgängerkirche, geweiht 1465, erinnern nur noch das gotische Sakramentshäuschen (1467 letzte Ziffer unleserlich) im Presbyterium unserer Pfarrkirche und eine Abbildung auf einer Votivtafel (1711) in der Sebastianskapelle. Diese Pfarrkirche war zu klein geworden, obwohl sie durch einen Anbau im Norden, die Martinskapelle, erweitert worden war. Die Triebfeder des Neubaus war Pfarrer Jakob Joß aus Graun im Vintschgau (Pfarrer 1779-1816), der am 24. August 1816 verstarb und den Baubeginn nicht mehr miterleben durfte.
Eine Hungersnot im Jahre 1817 verzögerte das Projekt nochmals, doch am 25. Jänner 1819 wurde der eingereichte Bauplan von der Gubernial-Regierung genehmigt. Im Schriftverkehr wird erwähnt, dass 1819 Satteins 868 Einwohner habe, die Kirche jedoch mindestens 1.300 Personen Platz biete. Man könne die Kirche also ein Fünftel kleiner bauen, da in der näheren Zeit kein wesentlicher Bevölkerungszuwachs zu erwarten sei. Es gab Unstimmigkeiten in der Gemeindevertretung über den auszuführenden Plan und die Mitglieder des Gemeindeausschusses mussten vor Gericht ihre Stimme für das kleinere oder größere Projekt abgeben. Es wurde das größere Projekt verwirklicht. Die offiziellen Pläne des k.k. Hofbaurathes sind mit dem 23. April 1820 (Festtag des Kirchenpatrons St. Georg) gezeichnet.
Die eigentliche Planungsphase und der Bau der neuen Kirche fielen in die Amtszeit von Pfarrer Dominikus Zumtobel (Pfarrer 1814-1823). Die Leitung des Baues war in der Verantwortung der Gemeindevorsteher. Die einzelnen Hofstellen wurden von der Gemeinde nach ihrem Steueraufkommen zu Frondiensten verpflichtet, Hand- und Spanndienste, also Handarbeit und Transportdienste. Steine mussten in der Rönser Au und im Dünser Wald gesammelt werden, in der Trutsch wurden Steine gebrochen und das Bauholz musste von den Hofstellen in die Augasse geliefert werden. Im März 1822 begann man mit dem Abtragen der alten Kirche und dem Aushub der Fundamente für die neue. Die großen Gewerke, die Maurerarbeit, den Dachstuhl für die Kirche und für den Turmhelm übernahmen Handwerker aus dem Dorf. Im September stand der Rohbau bereits unter Dach, eine Leistung, die selbst mit den heutigen Mitteln kaum vorstellbar ist.
Nicht einfach war die Innenausstattung der Kirche zu finanzieren, da viele Dorfbewohner der Fronarbeit bereits überdrüssig waren. Der Satteinser Martin Scherer, der in Innsbruck als Professor tätig war, redete den Satteinsern in einer Predigt in der Sebastianskapelle, die als Ausweichkirche benutzt wurde, ins Gewissen. Die zwei Seitenaltäre aus dem aufgehobenen Kloster Mehrerau bekam die Gemeinde geschenkt. Am 23. August 1823 wurden im Turmknopf die entsprechenden Dokumente hinterlegt und das Turmkreuz aufgerichtet. Pfarrer Dominikus Zumtobel verließ die Pfarre Satteins 1823 und nahm die Pfarrerstelle in Röthis an. Die schwierige Planungs- und Bauphase wird wohl mit Ursache für seinen Abgang gewesen sein. Unter Pfarrer Josef Fetz (Pfarrer 1823 – 1830) wurde die Kirche am 24. August 1825 von Weihbischof Bernard Galura, dem ersten Generalvikar in Vorarlberg und späteren Fürstbischof von Brixen eingeweiht. Pfarrer Josef Fetz bemühte sich besonders um die würdige Innenausstattung der Pfarrkirche.
Unter Pfarrer Michael Latzer (Pfarrer 1830-1852) musste die Turmhaube 1844 zur Gänze abgetragen und neu errichtet werden. Die Chronik berichtet, dass der Turmhelm ursprünglich mit Zinkblech verkleidet war. Durch Sturmschäden kam es zum Wassereintritt, was zum Verfaulen des Gebälks führte. Für den neuen Turmhelm wurde der Mauerstock um 3 Schuh (ca. 90 cm) erhöht, was im Inneren des Turmes gut sichtbar ist. Der Turmhelm wurde um die kleine Kuppel erweitert und mit Schindeln gedeckt, der Anstrich erfolgte erst im darauffolgenden Jahr. Am 23. September 1844 wurden Knopf und Kreuz auf den neuen Turmhelm aufgesetzt.
Pfarrer Josef Franz Lins (Pfarrer 1852 – 1859) machte eine großzügige Stiftung für ein Armenhaus, das 1867 unter Pfarrer Josef Anton Jochum (Pfarrer 1859 – 1872) errichtet wurde, womit ein Großteil der Bevölkerung nicht einverstanden war.
In der Nacht vom 28. Februar auf den 1. März 1870 fielen in wenigen Stunden im Unterdorf 51 Häuser und Stallungen einem Brand zum Opfer, drei Menschen fanden dabei den Tod und 225 Personen wurden obdachlos. Bis auf drei Häuser wurden alle im darauffolgenden Jahr wiedererrichtet.
Im Jahr 1885 wurde die Kirche unter Pfarrer Gebhard Fessler (Pfarrer 1880 – 1888) und Vorsteher Burtscher von Kunstmaler Johann Kärle aus dem Lechtal ausgemalt.
In der Amtszeit von Pfarrer Martin Haltmeier (Pfarrer 1889 – 1898) wurde im Sommer 1890 die sehr schadhafte Bedachung des Turmhelmes ausgebessert und der Helm erhielt einen grünen Anstrich. Die entsprechende Turmeinlage berichtet auch von der Anschaffung einer Kirchenorgel im Jahr 1892, die heute noch in Betrieb ist. Zum Einbau der Orgel wurde eine zweite Empore eingezogen, die bei der Innenrenovation 1984/86 wieder abgetragen wurde, um die Orgel besser zur Geltung zu bringen.
Am 2. August 1895 wütete ein heftiger Hagelschlag, der auch am Turmhelm großen Schaden anrichtete. Die Turmeinlage vom 18. August 1898 berichtet, dass in diesem Jahr der Kirchturm neu gestrichen und die Kirche außen renoviert wurde. Die Einwohnerzahl betrug in diesem Jahr ca. 1000, Satteins ist also in 70 Jahren nur um ca. 130 Personen angewachsen.
Pfarrer Ferdinand Hahn (Pfarrer 1921 – 1938) gibt in der Turmeinlage vom 19. Mai 1925 einen ausführlichen Bericht über die Ereignisse seit der Turmrenovierung 1898: über den 1. Weltkrieg, das Ende der Monarchie und die Zeit der Weltwirtschaftskrise mit galoppierender Inflation.
Unter Pfarrer Josef Grabher (Pfarrer 1899 – 1921) wurde im Pfarrhof ein Kindergarten unter Leitung der Barmherzigen Schwestern gegründet. 1921 wurde in der Pfarrkirche das Denkmal für die Gefallenen und Vermissten des 1. Weltkrieges errichtet. 1925 wurde die Kirche außen renoviert, der Turm neu gedeckt und mit einem roten Anstrich versehen. Malermeister Rudolf Frick aus Satteins hat das Turmkreuz neu gestrichen. Pfarrer Hahn schreibt auch, dass das Kirchendach nicht dicht war, Wasser durch das Deckengewölbe drang und die Wandgemälde in Gefahr brachte.
Gemeindevorsteher Karl Weber (Gemeindevorsteher 1919-1936 und 1945-1946) berichtet in seiner Beilage vom 19. Mai 1925 vom Neubau des Schulhauses 1908, gegen den es eine große Opposition im Dorf gab, und dass während des Baus desselben das alte Schulhaus abbrannte. Er erwähnt auch die große Überschwemmung der Ill von 1886, die zum Neubau der Illwuhr führte, und die neue Überschwemmung 1910 durch den Kirchenbach, der durch die Kirchstraße tobte. Als großen Sicherheitsgewinn bezeichnet er die Verbauung des Pfudidätschbaches in den Jahren 1924/25, gegen die es ebenfalls viel Opposition gab. Großen Raum nimmt sein Bericht vom 1. Weltkrieg ein, von den Einrückungen, den Gefallenen und Vermissten, der großen Not in den Kriegsjahren, dem Zerfall der Monarchie und den schwierigen Jahren danach.
Die letzte Renovierung des Kirchturms fand im Jahr 1962 statt. Die neue Eindeckung wurde dann aber erst 1968 rot bemalt. In seiner Einlage vom 12. September 1962 berichtet Altbürgermeister Karl Weber von den Ereignissen seit der letzten Turmrenovierung 1925. Er schildert die große wirtschaftliche Not und Arbeitslosigkeit der Zwischenkriegszeit, spendet Lob für die Errichtung der Gemeindewasserleitung im Jahr 1932 und beklagt die große Opposition dagegen, die sogar zu Neuwahlen in der Gemeinde führte. Karl Weber berichtet vom plötzlichen Tod des Pfarrers Ferdinand Hahn, der am Tage der Machtergreifung in Österreich durch Adolf Hitler am 13. März 1938 vom Schlag getroffen wurde und am 21. März verstarb. Sein Nachfolger als Pfarrer war Michael Huber (1938 – 1939), der unter dem Pseudonym Hubermichel auch als humoristischer Schriftsteller tätig war.
Zu den Ereignissen des 2. Weltkriegs erwähnt Karl Weber nur die 56 Gefallenen und die Schwierigkeiten der Besatzungszeit. Dann aber wendet er sich dem großen wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegszeit zu und dankt Gott für den außerordentlichen Wohlstand. Als Beweis führt er an, dass in seiner ersten Amtszeit als Bürgermeister 1919 bis 1936 nur 7 Häuser gebaut wurden, hingegen seit dem Jahre 1950 bereits über 100.
1948 wurde eine neue Kirchenuhr angeschafft, und ganz große Freude herrschte in Satteins über die Anschaffung der neuen Kirchenglocken im Jahr 1950 als Ersatz für die 1942 für den Krieg konfiszierten. Auch lobt Karl Weber die Kirchenrenovierung 1957 unter Pfarrer Dr. Michael Simma (Pfarrer 1940-1968), die drei Fresken von Martin Häusle im Chorraum und das Kriegerdenkmal auf dem Kirchplatz (1957), geplant von Albert Rauch aus Schlins.
Nachfolger von Dr. Michael Simma war Pfarrer Walter Vonbank (1968 – 1973). Er begründete das Pfarrblatt (1. Ausgabe Mai 1971) und gab Anstoß zur Planung einer neuen Sakristei und eines Pfarrheims. Errichtet wurde die neue Sakristei jedoch erst 1976 unter Pfarrer Lorenz Dobler, der die Pfarre durch 38 Jahre betreute (1973 - 2011). In seiner Amtszeit wurden neue, helle Kirchenfenster eingebaut (1978), die Lourdeskapelle außen saniert (1980), der Außenputz der Pfarrkirche erneuert (1981), die Innenrenovierung geplant von Architekt Heinz Tesar durchgeführt (1984/86), das Frühmesserhaus wurde abgerissen und der Friedhof erweitert (1998) sowie das Pfarrheim errichtet (1995/96).
Noch mehr Interessantes über die Geschichte unserer Pfarre können Sie im Buch „Satteins – Ein Walgaudorf erzählt seine Geschichte“ nachlesen.
Hubert Metzler
Hubert Metzler